Die Schwangerschaft ist eine Zeit der Vorfreude, aber auch der vielen Fragen und Unsicherheiten. Besonders die Geburt selbst bringt viele Ungewissheiten mit sich. Wann genau wird mein Baby kommen? Was passiert, wenn der errechnete Termin überschritten wird? Wie sicher ist eine Geburt zu diesem Zeitpunkt? Diese und viele weitere Fragen beschäftigen werdende Eltern. Hier kommen die S3-Leitlinien zur Schwangerschaftsvorsorge und vaginalen Geburt am Termin ins Spiel. Sie bieten evidenzbasierte Empfehlungen und klare Richtlinien, die dir als werdende Mutter helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.
In diesem Artikel gehe ich darauf ein, was die S3-Leitlinien sind, wie du sie nutzen kannst und warum es für dich wichtig ist, dich mit diesen Leitlinien auseinanderzusetzen. Insbesondere in Bezug auf die Geburt rund um den errechneten Termin.
Was sind S3-Leitlinien?
Die S3-Leitlinien sind evidenzbasierte Richtlinien, die von Expert*innen aus verschiedenen Fachbereichen entwickelt werden, um medizinisches Handeln zu standardisieren und die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. In Deutschland gibt es zahlreiche S3-Leitlinien, die verschiedene medizinische Themen abdecken. Sie dienen als Grundlage für die medizinische Praxis und bieten sowohl Ärzt*innen als auch Hebammen Orientierung bei der Betreuung von Schwangeren.
Im Kontext der Schwangerschaftsvorsorge und Geburt betreffen die S3-Leitlinien vor allem die Fragen, wie und wann eine Geburt stattfinden sollte. Insbesondere wenn der errechnete Termin überschritten wird. Die Leitlinien geben Empfehlungen für die Betreuung von Schwangeren sowohl vor als auch während der Geburt. Sie beziehen sich auf Themen wie die Überwachung der Schwangerschaft, Risiken und die Unterstützung der Mutter und des Kindes während der Geburt.
S3-Leitlinien zur Schwangerschaftsvorsorge und vaginalen Geburt am Termin
Besonders die S3-Leitlinien zur vaginalen Geburt am Termin haben in den letzten Jahren große Aufmerksamkeit erhalten. Laut diesen Leitlinien gelten Schwangerschaften, die bis bis zur 42. Schwangerschaftswoche dauern, als termingerecht und nicht zwingend risikobehaftet. Die meisten Babys kommen innerhalb von zwei Wochen vor oder nach dem errechneten Termin zur Welt. Das erweitert die Bandbreite der Geburtszeit stark. Alle Geburten zwischen 37+0 und 41+6 gelten als Termingeburten. Das ist ein Zeitraum von 5 Wochen.
Hier sind ein paar beispielhafte Empfehlungen, die in den S3-Leitlinien zur vaginalen Geburt am Termin festgehalten werden:
- Wahl des Geburtsortes
3.1. Frauen sollen über die Möglichkeit unterschiedlicher Geburtsorte informiert sein.
3.3. Wenn mit einer Frau der Geburtsort besprochen wird, sollen persönliche Sichtweisen und Urteile bzgl. ihrer Wahl vermieden werden zugunsten objektiver Beratung. - Überwachung durch CTG
5.9. Bei Aufnahme einer Niedrig-Risiko-Schwangeren sollte die CTG- Aufzeichnung nicht bei Verdacht auf Geburtsbeginn durchgeführt werden.
5.10. Auf eine CTG-Aufzeichnung sollte bei einer Niedrig-Risiko-Schwan geren in der aktiven Eröffnungsphase verzichtet werden.*
*Dies bedeutet nicht, dass keine Überwachung erforderlich ist. Anstelle der CTG-Überwachung soll eine Überwachung der kindlichen Herztöne mittels Auskultation (siehe Abschnitt 5.1.) erfolgen. - Umgang mit Schmerzen während der Geburt
6.2. Eine Frau, die Atem- und Entspannungstechniken zur Bewältigung der Wehen einsetzen möchte, soll in ihrer Entscheidung unterstützt werden.
6.3. Eine Frau, die sich nach erlernten Massagetechniken von ihrer Geburtsbegleitung massieren lassen möchte, soll in ihrer Entscheidung unterstützt werden.
6.4. Der Frau soll die Möglichkeit angeboten werden, die Wehen zur Schmerzerleichterung im Wasser zu verarbeiten.
6.7. Gebärende sollen darin unterstützt werden, die Musik ihrer Wahl abzuspielen. - Betreuung in der Nachgeburtsperiode
9.1. Die Zeit unmittelbar nach der Geburt ist für das gegenseitige Kennenlernen der Mutter (mit ihrer Begleitung) und des Neugeborenen wichtig (Bonding). Es sollen alle pflegerischen und diagnostischen Maßnahmen oder medizinischen Eingriffe auf ein Mindest- maß reduziert werden, um die Trennung oder Unterbrechung des Bondings zwischen Mutter und Kind zu verhindern.
9.2. Mütter sollen ermutigt werden, so bald wie möglich nach der Geburt Haut-zu-Haut-Kontakt zu ihrem Neugeborenen zu haben.
9.6. Entscheidet sich eine Frau mit geringem postpartalen Blutungsrisiko für ein abwartendes Management der Nachgeburtsperiode, so sollte dieser Wunsch respektiert werden. Die Frau sollte dann entsprechend ihrer Entscheidung unterstützt werden.

Wo finde ich die S3-Leitlinien rund um Schwangerschaft und Geburt?
Die S3-Leitlinien rund um Schwangerschaft und Geburt sind öffentlich zugänglich und können über verschiedene medizinische Fachgesellschaften und Institute abgerufen werden. Eine zentrale Quelle ist das AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften), das die S3-Leitlinien veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert. Weitere Informationen und spezifische Leitlinien zu Themen wie Schwangerschaftsvorsorge und Geburt findest du auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
Du kannst die S3-Leitlinien in der Regel kostenlos einsehen und dich so über die neuesten Empfehlungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse informieren. Es kann hilfreich sein, dich mit den relevanten Abschnitten zu beschäftigen. Insbesondere wenn du vor der Geburt und während deiner Schwangerschaft auf der Suche nach fundierten Informationen bist.
Warum ist Wissen gleich Macht?
In der Geburtsvorbereitung ist Wissen eine der größten Ressourcen, die du als werdende Mutter haben kannst. Wenn du gut informiert bist, kannst du selbstbewusste Entscheidungen treffen und eine aktive Rolle in deiner eigenen Geburtsgeschichte spielen. Wissen über die S3-Leitlinien gibt dir die Möglichkeit, zu verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden und welche Optionen dir zur Verfügung stehen.
Hier sind einige Gründe, warum das Wissen aus den S3-Leitlinien in deiner Geburtsvorbereitung von unschätzbarem Wert ist:
Vertrauen in deinen Körper und die Geburt
Wenn du die Leitlinien kennst, weißt du, was als normal betrachtet wird und welche Maßnahmen zu welchem Zeitpunkt sinnvoll sind. Dies stärkt dein Vertrauen in deinen Körper und den natürlichen Geburtsprozess. Ein informierter Umgang mit der Geburt gibt dir die Ruhe, die du während der Geburt benötigst.
Reduktion von Ängsten und Unsicherheiten
Die S3-Leitlinien bieten eine fundierte Grundlage für die Entscheidungen, die während der Schwangerschaft und Geburt getroffen werden. Sie helfen dir, Ängste vor medizinischen Eingriffen oder Komplikationen abzubauen, da du genau weißt, warum und wann bestimmte Maßnahmen sinnvoll sind.
Förderung einer selbstbestimmten Geburt
Wenn du gut informiert bist, kannst du gemeinsam mit deinen Geburtsbegleitern (Hebamme, Ärzt*in oder Doula) entscheiden, welche Schritte während der Geburt am besten zu dir und deinem Baby passen. Dies gibt dir mehr Kontrolle und das Gefühl, aktiv in die Gestaltung deiner Geburt einbezogen zu sein.
Erhöhung der Partnerschaft mit den betreuenden Fachkräften
Indem du die S3-Leitlinien und medizinische Empfehlungen verstehst, kannst du dich besser mit deinen Ärzt*innen und Hebammen abstimmen. Die Gespräche sind auf Augenhöhe und du kannst deine Wünsche und Bedenken klarer äußern.
Wie unterstützt mich das Wissen bei der Geburtsvorbereitung?
Das Wissen um die S3-Leitlinien und deine Rechte als werdende Mutter kann dich nicht nur auf die Geburt selbst vorbereiten, sondern auch helfen, ein informierter und selbstbestimmter Teil des Geburtsprozesses zu sein. In meinen Geburtsvorbereitungskursen arbeite ich eng mit den Leitlinien und evidenzbasierten Praktiken, um dich nicht nur körperlich, sondern auch mental auf die Geburt vorzubereiten. Wir gehen gemeinsam durch die verschiedenen Szenarien, die während der Schwangerschaft und der Geburt auftreten können, und ich unterstütze dich dabei, informierte Entscheidungen zu treffen.
Individuell auf deine Wünsche und Bedürfnisse abgestimmt, kann das Wissen über die S3-Leitlinien dir helfen, deinen eigenen Geburtsweg selbstbestimmt zu gestalten und mit Vertrauen in die Geburt zu gehen.
Fazit
Die S3-Leitlinien rund um Schwangerschaft und Geburt sind eine wertvolle Ressource für werdende Mütter, um sich auf die Geburt vorzubereiten und informierte Entscheidungen zu treffen. Sie bieten klare, evidenzbasierte Empfehlungen und helfen dir, Ängste zu verringern und Vertrauen in deinen Körper und die Geburt zu entwickeln. Das Wissen um diese Leitlinien ist nicht nur praktisch, sondern auch ein wichtiger Schritt hin zu einer selbstbestimmten und positiven Geburtserfahrung. Nutze dieses Wissen als Macht und gestalte deine Geburt mit Zuversicht und Klarheit.